Das Wichtigste aus dem Steuerrecht
zum 1. Juli 2023
1. Geänderte Pflegeversicherungsbeiträge – Praktische Umsetzung ab Juli
2. Ermäßigter Steuersatz für Corona-Hilfen?
3. Betriebsausgabenpauschalen wurden erhöht
4. Verzinsung bei Gesellschafterdarlehen und Co. prüfen!
5. Deutschland-Ticket als Jobticket
6. Inflationsausgleichsprämie zur Abgeltung von Überstunden
7. Weitere Informationen
Sehr geehrte Mandantin,
sehr geehrter Mandant,
mit dem vorliegenden Mandanten-Informationsbrief möchten wir Sie wieder über verschiedene interessante und aktuelle Themen aus dem Bereich des Steuerrechts informieren.
Wir stellen Ihnen hier einen Querschnitt interessanter Gesetzesvorhaben, Veröffentlichungen der Finanzverwaltung und Rechtsprechung des obersten Finanzgerichts – BFH – vor.
Wir wünschen Ihnen eine informative Lektüre!
1. Geänderte Pflegeversicherungsbeiträge – Praktische Umsetzung ab Juli
Zum 1. Juli 2023 ist mit dem Pflegeunterstützungs- und -entlastungsgesetz (PUEG) die Reform der Pflegeversicherung in Kraft getreten (für nähere Informationen vgl. auch Mandanteninformationsbrief vom 1. Mai 2023, Punkt 6). Unter anderem bewirkt das neue Gesetz eine Veränderung bei den Pflegeversicherungsbeiträgen. Während es für viele Menschen ab Juli 2023 zu einer Erhöhung des Beitragssatzes kommt, profitieren Eltern möglicherweise. Sie erhalten zukünftig ab dem zweiten bis zum fünften Kind unter 25 Jahren je Kind einen Abschlag in Höhe von 0,25 Beitragssatzpunkten. Der Abschlag gilt bis zum Ende des Monats, in dem das Kind jeweils sein 25. Lebensjahr vollendet hat. Danach entfällt der Abschlag für diese Kinder.
Da die Höhe des Beitragssatzes nunmehr auch von Anzahl und Alter der Kinder abhängt, benötigen Arbeitgeber von allen ihren gesetzlich pflegeversicherten Arbeitnehmern neuerdings die diesbezüglichen Informationen (insb. das Geburtsdatum der Kinder) inklusive der zugehörigen Nachweise (z.B. Geburtsurkunden). Die Nachweise hat der Arbeitgeber aufzubewahren. Die Pflegereform ist für Arbeitgeber also mit einem nicht unerheblichen Aufwand verbunden.
Zur Vereinfachung ist zwar die Schaffung eines digitalen Nachweisverfahrens vorgesehen. Aktuell steht ein solches aber noch nicht zur Verfügung. Es wird voraussichtlich noch bis 31. März 2025 auf sich warten lassen. Deswegen gilt für die neuen Beitragsabschläge eine Übergangsfrist. Im Zeitraum vom 1. Juli 2023 bis zum 30. Juni 2025 haben die Arbeitgeber hinsichtlich der kinderbezogenen Abschläge folgende drei Möglichkeiten vorzugehen. Sie können:
Entscheidet man sich für Variante 1, so löst dies unmittelbar bürokratischen Aufwand aus. Die erforderlichen Umstellungen durch das PUEG sind dann aber wohl erledigt.
Entscheidet man sich für Variante 2, müssen die Informationen zwar von den Arbeitnehmern eingeholt werden. Man kann aber auf die Vorlage konkreter Nachweise zunächst verzichten. Spätestens nach dem o.g. Übergangszeitraum hat aber eine Überprüfung zu erfolgen. Die erforderlichen Nachweise werden dann voraussichtlich in digitaler Form vorliegen.
Entscheidet man sich für Variante 3, können die betroffenen Arbeitnehmer zunächst nicht von den gesenkten Beiträgen profitieren. Sobald das digitale Nachweisverfahren einsatzbereit ist, erhalten die Arbeitgeber die erforderlichen Nachweise. Die kinderbezogenen Pflegeversicherungsabschläge sind dann rückwirkend zum 1. Juli 2023 zuzüglich Zinsen zu erstatten. Weitere Einzelheiten sind hierzu derzeit noch nicht bekannt.
2. Ermäßigter Steuersatz für Corona-Hilfen?
Aufgrund der Corona-Krise haben viele Unternehmen (insbesondere in den Jahren 2020 und 2021) staatliche Hilfen erhalten. Dass diese Hilfen als Betriebseinnahmen der Besteuerung unterliegen, war von Anfang an klar.
Strittig ist hingegen, ob die Hilfen mit dem normalen persönlichen Steuersatz zu besteuern sind oder ob hier der ermäßigte Steuersatz für außerordentliche Einkünfte zur Anwendung kommt. Wichtig ist diese Frage vor allem für solche Unternehmen, die staatliche Hilfen erhalten haben, aber schlussendlich (trotz Corona) gute Gewinne erzielen konnten.
Das Finanzgericht Münster hat nun erstmals zu einem solchen Sachverhalt entschieden. Geklagt hatte ein Gastwirt, der für den Veranlagungszeitraum 2020 zutreffenderweise ca. 64.000 € an Corona-Hilfen (Soforthilfe, Überbrückungshilfe I, November-/Dezemberhilfe) erhalten hatte. Auf den genauen Zuflusszeitpunkt der Hilfen kam es bei diesem Gastwirt nicht, da er seinen Gewinn mittels Bilanz ermittelte.
Die rechtmäßig gewährten Hilfen machten die wirtschaftlichen Belastungen durch die Corona-Krise im konkreten Fall mehr als wett. Zwar lagen die Einnahmen des Gastwirts aufgrund der Lockdowns und anderer Einschränkungen trotz der Hilfen unter dem Niveau der Vorjahre – allerdings entstanden ihm natürlich auch erheblich geringere Kosten. Im Vergleich zu den Vorjahren erzielte der Gastwirt im Corona-Jahr 2020 einen um 50% höheren Gewinn. Entsprechend erhöhte sich auch seine Steuerbelastung.
Vor dem Finanzgericht wollte der Gastwirt nun erreichen, dass die Corona-Hilfen als außerordentliche Einkünfte eingestuft würden und folglich lediglich ein ermäßigter Steuersatz zur Anwendung käme. Dem folgten die Richter beim Finanzgericht Münster jedoch nicht.
Ihrer Ansicht nach fehle es an dem für außerordentliche Einkünfte erforderlichen Merkmal der „Zusammenballung“. Schließlich habe der Kläger im Veranlagungszeitraum 2020 durch die Corona-Hilfen lediglich einen höheren Gewinn aber keine höheren Einnahmen als beim normalen Verlauf der Dinge erzielt. Außerdem wären im Veranlagungszeitraum 2020 nur solche Hilfen steuerlich erfasst worden, die auch für diesen Zeitraum gewährt wurden.
Das Finanzgericht hat die Revision zum Bundesfinanzhof nicht zugelassen. Derzeit ist noch unklar, ob der Kläger Nichtzulassungsbeschwerde eingelegt hat. Vielleicht erhalten die obersten Bundesrichter Gelegenheit, sich der Frage anzunehmen.
Hinweis für andere Fälle:
In dem geschilderten Fall spielte die Form der Gewinnermittlung eine entscheidende Rolle. Dort wurde der Gewinn anhand einer Bilanz ermittelt.
Wird der Gewinn hingegen in Form einer sog. „Einnahmen-Überschuss-Rechnung“ ermittelt, so ist die Rechtslage weiterhin völlig offen. Hier greift nämlich das Zuflussprinzip. D.h. Einnahmen sind in dem Veranlagungszeitraum zu erfassen, in dem sie zufließen. Hier kann es folglich dazu kommen, dass Corona-Hilfen, die für verschiedene Veranlagungszeiträume gedacht waren, in ein einem Veranlagungszeitraum ausgezahlt wurden und damit „geballt“ zu versteuern sind (z.B. in 2021). Sind die gesamten Einnahmen deswegen höher als beim normalen Verlauf der Dinge, so könnten tatsächlich außerordentliche Einkünfte vorliegen.
Hauptberuflich tätige Schriftsteller und Journalisten sowie für nebenberuflich tätige Wissenschaftler, Künstler, Schriftsteller und Lehrer/Prüfer können ihre Betriebsausgaben pauschal ermitteln. Die entsprechenden Pauschalbeträge wurden nun ab dem Veranlagungszeitraum 2023 wie folgt erhöht:
4. Verzinsung bei Gesellschafterdarlehen und Co. prüfen!
Seit Anfang 2022 ist der Leitzins der EZB von 0% auf mittlerweile 4% gestiegen. Die Auswirkungen für die Wirtschaft sind enorm. Es ergeben sich durch das gestiegene Zinsniveau aber auch steuerliche Folgen.
Aufgrund des gestiegenen Zinsniveaus gehören insbesondere Zinsvereinbarungen zwischen nahen Angehörigen oder zwischen Gesellschaftern und ihren Kapitalgesellschaften auf den Prüfstand. Steuerlich ist hier auf den sog. „Fremdvergleich“ zu achten. Wurde keine Zinsbindungsfrist vereinbart oder läuft diese aus, so sollte geprüft werden, ob die damals vereinbarten Zinsen jetzt noch fremdüblich sind oder ob eine Anhebung erforderlich ist.
Beispielsweise können Vereinbarungen bezüglich folgender Rechtsverhältnisse betroffen sein:
Welcher Zinssatz fremdüblich ist, hängt dabei zwar immer von den Umständen des Einzelfalls ab (Darlehenssumme, Laufzeit, Bonität des Schuldners…). Kürzlich bestätigte der Bundesfinanzhof aber, dass es in Fällen, bei denen es keine besseren Anhaltspunkte gibt, sachgerecht sein kann, von einer hälftigen Margenteilung zwischen banküblichen Habenzinsen und banküblichen Sollzinsen auszugehen.
5. Deutschland-Ticket als Jobticket
Zum 1. Mai 2023 wurde das sog. „Deutschlandticket“ bzw. „49 €-Ticket“ eingeführt. Es handelt sich dabei um ein Monatsticket zum Preis von 49 €, das zur Nutzung aller Verkehrsmittel des öffentlichen Nahverkehrs in Deutschland berechtigt.
Das Deutschlandticket ist auch als Jobticket verfügbar. Gewährt der Arbeitgeber nämlich zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn das Deutschlandticket oder bezuschusst er dieses, so gilt:
Voraussetzung für die Jobticket-Variante ist aber, dass der Arbeitgeber mit einem teilnehmenden Verkehrsverbund oder Verkehrsunternehmen eine Vereinbarung über den Erwerb des Deutschland-Jobtickets abgeschlossen hat. Arbeitgeber im Sinne dieser Bestimmung können Unternehmen, Verwaltungen, Behörden und sonstige Institutionen sein.
Ob der Arbeitnehmer das Deutschlandticket für Fahrten zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte nutzt, ist für die Steuerbefreiung unerheblich. Sie wird auch im Falle einer ausschließlichen Privatnutzung gewährt. Die monatliche Freigrenze für Sachbezüge i.H.v. 50 EUR wird durch das Deutschlandticket nicht tangiert.
Hinweis: Deutschlandticket und Minijob
Finanzieren Arbeitgeber das 49-Euro-Ticket zusätzlich zum laufenden Lohn, ist dieses bei der Ermittlung des regelmäßigen Verdienstes im Minijob nicht zu berücksichtigen. Verdient eine Minijobberin zum Beispiel 520 Euro im Monat, kann sie zusätzlich noch das Deutschland-Ticket erhalten, ohne dass sich für den Minijob etwas ändert.
In seinem aktuellen FAQ-Katalog hat das Bundesfinanzministerium (BMF) zur Inflationsausgleichsprämie zur Möglichkeit der Abgeltung von Überstunden hingewiesen.
Hintergrund: Freiwillige Leistungen des Arbeitgebers, die dieser zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn gewährt, können im Rahmen einer Inflationsausgleichsprämie (IAP) bis zu einem Betrag von 3.000 € steuer- und sozialversicherungsfrei im Zeitraum vom 26. Oktober 2022 bis zum 31. Dezember 2024 gewährt werden. Die Arbeitgeberleistung kann in Form von Barzuschüssen oder Sachzuwendungen gewährt werden. Auch eine ratierliche Auszahlung über den Begünstigungszeitraum ist möglich
Das BMF hat nun klargestellt, dass die IAP auch dazu genutzt werden kann, Arbeitnehmern ihre Überstunden steuer- und sozialabgabenfrei zu vergüten. Voraussetzung ist, dass im Zeitpunkt der Vereinbarung oder der Zusage der Sonderzahlung kein Anspruch des Arbeitnehmers auf eine Vergütung von Überstunden besteht (also lediglich die Möglichkeit des Freizeitausgleichs gegeben ist).
Die vorstehenden Ausführungen und Beiträge sind nach bestem Wissen und Kenntnisstand verfasst worden. Es handelt sich nicht um abschließende Informationen und ersetzen keine Beratung. Eine Haftung für den Inhalt dieses Informationsbriefs kann daher nicht übernommen werden.
Gerne beraten wir Sie zu diesen und anderen Themen.
Bitte vereinbaren Sie bei Interesse einen Besprechungstermin. Wir analysieren individuell Ihre persönliche Situation, zeigen Ihnen Vor- und Nachteile auf und geben Ihnen Gestaltungsempfehlungen.
Alle Angaben nach bestem Wissen, jedoch ohne Gewähr. Eventuelle Änderungen, die nach Ausarbeitung dieses Informationsschreibens erfolgen, können erst in der nächsten Ausgabe berücksichtigt werden!
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Heinicke, Damm
von Wiczlinski & Kollegen
Rechtsanwälte
Altstadt 2-4
95028 Hof
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