Das Wichtigste aus dem Steuerrecht

Stand: 1. Juli 2020

Allgemeines
1. Mehrwertsteuersenkung zum 1. Juli 2020 im „Zweiten Corona-Steuerhilfegesetz“
2. Die übrigen Neuerungen durch das „Zweite Corona-Steuerhilfegesetz“
3. Die neuen Überbrückungshilfen ab Juli 2020
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Allgemeines

Mit dem vorliegenden Mandanten-Informationen möchten wir Sie wieder über verschiedene interessante und aktuelle Themen informieren. Ein bunter Strauß aus Praxisfragen, Rechtsprechung und Gesetzgebung.

1. Mehrwertsteuersenkung zum 1. Juli 2020 im „Zweiten Corona-Steuerhilfegesetz“

Die Große Koalition hat am 03.06.2020 beschlossen, zur Stärkung der Wirtschaft nach der Corona-Krise den Umsatzsteuer-Regelsatz von derzeit 19 % auf 16 % und den ermäßigten Umsatzsteuersatz von derzeit 7 % auf 5 % abzusenken. Die Absenkung der Umsatzsteuer-sätze gilt befristet für sechs Monate in der Zeit vom 01.07.2020 bis 31.12.2020. Die Änderung ist Bestandteil des sog. „Zweiten Corona-Steuerhilfegesetzes“, welches am 29.06.2020 durch den Bundestag und Bundesrat verabschiedet wurde.

Achtung: Die Unternehmen sollen die niedrigere Umsatzsteuer grundsätzlich an die Verbraucherinnen und Verbraucher weitergeben, so dass Waren und Dienstleistungen billiger werden. Die Unternehmen sind hierzu jedoch regelmäßig nicht verpflichtet.

Welche Umsätze sind von der Steuersatzsenkung betroffen?
Die neuen Steuersätze gelten für alle Umsätze, die im Zeitraum vom 01.07.2020 bis 31.12.2020 ausgeführt werden. Es kommt darauf an, wann die Leistung erbracht wird (§ 27 Abs. 1 UStG).
Ein Umsatz gilt dann als erbracht, wenn die vertraglich geschuldete Leistung beendet bzw. vollständig ausgeführt ist (Leistungszeitpunkt). Hierbei sind folgende Leistungszeitpunkte zu unterscheiden:

  • Lieferungen: Tag des Beginns der Beförderung (Lieferzeitpunkt);
  • Werklieferungen/Werkleistungen: Tag der Verschaffung der Verfügungsmacht an dem fertigen Werk, dies ist rglm. der Tag der Abnahme (Eine schriftliche Dokumentation ist empfehlenswert aber nicht Voraussetzung);
  • Sonstige Leistungen: Tag der Beendigung bzw. der vollständigen Leistungserbringung

Hinweis: Werden Lieferungen oder sonstige Leistungen nach dem 30.06.2020 und vor dem 01.01.2021 ausgeführt, sind sie mit dem neuen Steuersatz von 16 % bzw. 5 % zu versteuern. Der Zeitpunkt der Rechnungserteilung ist dahingehend oder der Zeitpunkt des Zahlungseingangs beim Unternehmer sind dagegen unbeachtlich.

Ausnahme: Teilleistungen
Etwas anderes gilt, wenn statt einer Gesamtleistung Teilleistungen erbracht werden. Dann kommt es für die Frage der Höhe des Steuersatzes nicht auf den Zeitpunkt der Gesamtleistung an, sondern darauf, wann die einzelnen Teilleistungen ausgeführt werden. Hierunter fallen z. B. Bauleistungen, die in Teilen abgenommen werden und Dauerverträge (z. B. Mietverträge, Wartungsverträge, Reinigungsverträge, Dauerlieferverträge u. a.).
Bereits bestehende Dauerverträge, die einen Umsatzsteuersatz von 19 % vorsehen, müssen entsprechend angepasst werden. Bei unternehmerischen Kunden kann allgemein auf den zum Leistungszeitpunkt geltenden Steuersatz verwiesen werden (z. B. Netto-Preis „zzgl. gesetzlich geschuldete Umsatzsteuer“). Bei privaten Endkunden ist allerdings der Endpreis als Betrag anzugeben.

Achtung: Voraussetzung für das Vorliegen einer Teilleistung ist jedoch, dass für bestimmte Teile einer wirtschaftlich teilbaren Leistung das Entgelt gesondert vereinbart wird. Die Gesamtleistung muss also

  • nach wirtschaftlichen Gesichtspunkten teilbar sein, und
  • für diese Teile müssen gesonderte Entgeltabrechnungen vorgenommen werden.

Vereinbarungen über zu zahlende Abschlagszahlungen stellen grds. keine gesonderten Entgeltvereinbarungen dar. Wird lediglich ein Festpreis für das Gesamtwerk vereinbart, können Teilleistungen steuerlich nur anerkannt werden, wenn der Gesamtpreis in mit Preisen versehene Einzelpositionen aufgegliedert ist.

Finanzverwaltung gewährt Billigkeitsregelung
Die Finanzverwaltung sieht bei einer Leistung in der Unternehmerkette (sog. b2b-Leistung) eine Vereinfachungsregelung vor. Weist danach der Unternehmer für Leistungen, die im Monat Juli 2020 erbracht werden, noch den alten Steuersatz von 19 % bzw. 7 % aus und führt die Umsatzsteuer in dieser Höhe an das Finanzamt ab, so kann der unternehmerische Leistungsempfänger die Vorsteuer ebenfalls in dieser Höhe geltend machen. Mit dieser Regelung soll Verzögerungen bei der Umstellung von Kassen- und Abrechnungssystemen Rechnung getragen werden.

Anzahlungen
Werden vor dem Juli 2020 Voraus- oder Abschlagsrechnungen mit dem alten Steuersatz ausgestellt und die Anzahlung vereinnahmt, während die entsprechenden Leistungen aber erst nach dem 30. Juni 2020 aber noch vor dem 01. Januar 2021 erbracht werden, ist die Differenz zwischen altem und neuem Steuersatz bei Leistungsausführung nachträglich zu korrigieren. Die Korrektur ist in dem Voranmeldungszeitraum vorzunehmen, in dem die Lieferung oder sonstige Leistung ausgeführt wird.

Beispiel
Bauunternehmer B baut für den Kunden K ein Werkstattgebäude. Die Fertigstellung und Abnahme (Leistungszeitpunkt) erfolgt im Oktober 2020. Der Preis beträgt 150.000 Euro zzgl. Umsatzsteuer. B hat im Januar und im April 2020 sowie im Juli 2020 Anzahlungen in Höhe von jeweils 30.000 Euro zzgl. Umsatzsteuer von K vereinnahmt.

Lösung:
Die Leistung (Bau des Werkstattgebäudes) und alle Anzahlungen unterliegt dem 16 % igen Umsatzsteuersatz. Die Anzahlungen im Januar und April 2020 muss B zunächst jedoch noch mit 19 % versteuern. Die Anzahlung, die B im Juli 2020 vereinnahmt, muss er mit 16 % versteuern.
Die Korrektur der im Januar und April 2020 vereinnahmten Anzahlungen erfolgt in der Schlussrechnung und in der Umsatzsteuer-Voranmeldung für Oktober 2020 beim Bauunternehmer B und beim Kunden K.

Hinweis: Bei Dienstleistungen, die sich über einen längeren Zeitraum hinziehen und bei denen der Abnahmezeitpunkt noch nicht feststeht (z. B. Bauleistungen), sollten die Anzahlungen immer mit dem im Zeitpunkt der Anzahlung geltenden Steuersatz versteuert und ggf. in der Schlussrechnung berichtigt werden.

Besonderheiten für Restaurant- und Verpflegungsdienstleistungen
Daneben ist zu beachten, dass der Gesetzgeber mit dem ersten Corona-Steuerhilfegesetz vom 28.05.2020 eine befristete Umsatzsteuersenkung für Speisen auf den ermäßigten Steuersatz von 7 % (bzw. bis 31.12.2020 von 5 %) ab dem 01.07.2020 eingeführt hat. Diese Absenkung endet jedoch erst am 30.6.2021. Der ermäßigte Steuersatz gilt für erbrachte Restaurantleistungen und Verpflegungsleistungen, jedoch nicht für die Abgabe von Getränken.
In der Gesetzesbegründung heißt es: „hiervon profitieren auch andere Bereiche, wie Cateringunternehmen, der Lebensmitteleinzelhandel, Bäckereien und Metzgereien, soweit sie mit der Abgabe verzehrfertig zubereiteter Speisen bislang Umsätze zum normalen Umsatzsteuersatz erbracht haben“.

Achtung: Begünstigt ist nur der Anteil der Speisen an der Restaurationsdienstleistung, nicht aber der Anteil der Getränke. Ein Gesamtpreis (z.B. Sparmenü) ist daher aufzuteilen. Die Aufteilung erfolgt nach der einfachsten möglichen Methode, i.d.R. im Verhältnis der Einzelverkaufspreise.

Entsprechendes gilt für Übernachtung mit Frühstück im Hotel. Ein Hotelfrühstück wird in aller Regel als Buffet inkl. Getränke angeboten. Hier ist ab dem 1.7.2020 eine Aufteilung in einen Anteil für Speisen und einen Anteil für Getränke vorzunehmen. Die Speisen können daher ab dem 01.07.2020 zusammen mit der Übernachtung mit 5 % in Rechnung gestellt werden, die Getränke könnten mit anderen, dem Regelsteuersatz i.H.v. 16 % unterliegenden Leistungen, wie z.B. Sauna- und Fitnessraumbenutzung, Parkplatz etc., ggf. zur „Business-Pauschale“ zusammengefasst werden.

2. Die übrigen Neuerungen durch das „Zweite Corona-Steuerhilfegesetz“

Das zweite Corona-Steuerhilfegesetz enthält neben der Mehrwertsteuersenkung auch noch viele weitere interessante steuerliche Änderungen, um Anreize für die Wirtschaft zu setzen. Hierzu zählen insbesondere:

  • Erweiterung des steuerlichen Verlustrücktrags für die Jahre 2020 und 2021 auf 5 Mio. € bzw. 10 Mio. € (bei Zusammenveranlagung), sowie Einführung eines Mechanismus, um den Verlustrücktrag für 2020 unmittelbar finanzwirksam schon mit der Steuererklärung 2019 nutzbar zu machen.
  • Einführung einer degressiven Abschreibung in Höhe von 25 %, höchstens das 2,5-fache der linearen Abschreibung, für bewegliche Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens, die in den Jahren 2020 und 2021 angeschafft oder hergestellt werden.
  • Die günstige Besteuerung bei Firmenwagen ohne Kohlendioxidemissionen (z.B. reines E-Fahrzeug) mit nur 0,25 % des Bruttolistenpreises wird ausgeweitet. Der Höchstbetrag des Bruttolistenpreises wird von 40.000 € auf 60.000 € erhöht.
  • Vorübergehende Verlängerung der Reinvestitionsfristen des § 6b EStG um ein Jahr.
  • Verlängerung der Investitionsfrist beim Investitionsabzugsbetrag um ein Jahr.
  • Erhöhung der maximalen Bemessungsgrundlage bei der steuerlichen Forschungszulage auf 4 Mio. € im Zeitraum von 2020 bis 2025.

Daneben wird durch das neue Gesetz für jedes im Jahr 2020 kindergeldberechtigte Kind ein Kinderbonus von 300 € gewährt und der Entlastungsbetrag für Alleinerziehende wird befristet auf zwei Jahre von derzeit 1.908 € auf 4.008 € erhöht.

3. Die neuen Überbrückungshilfen ab Juli 2020

Am 03.06.2020 hat die Bundesregierung beschlossen, dass für kleine und mittelständische Unternehmen, die ihren Geschäftsbetrieb im Zuge der Corona-Krise ganz oder zu wesentlichen Teilen einstellen müssen, neue sog. „Überbrückungshilfen“ geben soll. Die genauen Details der Regelung stehen derzeit noch nicht fest. Jedoch hat die Bundesregierung am 12.06.2020 erste Eckpunkte der Regelungen für die Überbrückungshilfen veröffentlicht. Demnach wird für die staatliche Förderung voraussichtlich wohl Folgendes gelten:

Ziel des Programms
Da die ersten Corona-Soforthilfen bis Ende Mai 2020 begrenzt waren, ist das Ziel der neuen Überbrückungshilfe nun kleinen und mittelständischen Unternehmen aus Branchen, die unmittelbar oder mittelbar durch Corona-bedingte Auflagen oder Schließungen betroffen sind, für die Monate Juni bis August 2020 eine weitergehende Liquiditätshilfe zu gewähren und dadurch zu ihrer Existenzsicherung beizutragen.

Wer ist antragsberechtigt?
Antragsberechtigt sind Unternehmen (hierzu zählen auch Soloselbständige und Freiberufler), bei denen der Umsatz in den Monaten April und Mai 2020 zusammengenommen, um mindestens 60 % gegenüber April und Mai 2019 eingebrochen ist.

Förderfähige Kosten
Förderfähig sind die folgenden fortlaufenden Fixkosten, wenn die zugehörigen Verträge vor dem 01.03.2020 abgeschlossen wurden:

1. Mieten und Pachten für betriebliche Räume
2. Weitere Mietkosten
3. Zinsaufwendungen für Kredite und Darlehen
4. Finanzierungskostenanteil von Leasingraten
5. Ausgaben für notwendige Instandhaltung, Wartung oder Einlagerung von Anlagevermögen und gemieteten Vermögensgegenständen, einschließlich der EDV
6. Ausgaben für Elektrizität, Wasser, Heizung, Reinigung und Hygienemaßnahmen
7. Grundsteuern
8. Betriebliche Lizenzgebühren
9. Versicherungen, Abonnements und andere feste Ausgaben

Daneben werden (unabhängig vom Datum des Vertragsschlusses) gefördert:

10. Kosten für Steuerberater oder Wirtschaftsprüfer, die im Rahmen der Beantragung der Corona-Überbrückungshilfe anfallen
11. Kosten für Auszubildende
12. Personalaufwendungen im Förderzeitraum, die nicht von Kurzarbeitergeld erfasst sind, werden pauschal mit 10 % der Fixkosten der Ziffern 1 bis 10 gefördert. Lebenshaltungskosten oder ein Unternehmerlohn sind nicht förderfähig.
13. Um der besonderen Betroffenheit der Reisebüros angemessen Rechnung zu tragen, sind auch Provisionen, die Inhaber von Reisebüros den Reiseveranstaltern aufgrund Corona-bedingter Stornierungen zurückgezahlt haben, den Fixkosten nach Nr. 1 bis 12 gleichgestellt.

Wie hoch ist die Förderung?
Die Überbrückungshilfe erstattet einen Anteil in Höhe von

  • 80 % der Fixkosten bei mehr als 70 % Umsatzeinbruch,
  • 50 % der Fixkosten bei Umsatzeinbruch zwischen 50 % und 70 %
  • 40 % der Fixkosten bei Umsatzeinbruch zwischen 40 % und unter 50 %

im Fördermonat im Vergleich zum Vorjahresmonat. D.h. um die Überbrückungshilfe zu erhalten, müssen in den Monaten April und Mai 2020 mindestens 60 % Umsatzeinbruch vorgelegen haben und auch in den Monaten Juni bis August 2020 (= Fördermonate) muss ein Umsatzeinbruch von mindestens 40 % vorliegen. Die maximale Förderung ist für den gesamten Förderzeitraum wie folgt gestaffelt:

  • bis zu 5 Beschäftigte: 9.000 €
  • bis zu 10 Beschäftigte: 15.000 €
  • mehr als 10 Beschäftigte: 150.000 €

In begründeten Ausnahmefällen können bei Betrieben bis zu 10 Beschäftigten aber auch (dann wiederum gedeckelte) höhere Hilfsgelder gewährt werden.
Für die Anzahl der Beschäftigten ist der Stichtag 29.02.2020 maßgebend.


Details zum Antragsverfahren
Der Nachweis des anspruchsbegründenden Umsatzeinbruchs und der erstattungsfähigen Fixkosten erfolgt in einem zweistufigen Verfahren. In der ersten Stufe (Antragstellung) sind die Antragsvoraussetzungen und die Höhe der erstattungsfähigen Fixkosten mit Hilfe eines Steuerberaters, Wirtschaftsprüfers glaubhaft zu machen. In der zweiten Stufe (nachträglicher Nachweis) sind sie mit Hilfe eines Steuerberaters oder Wirtschaftsprüfers zu belegen.
Das Antragsverfahren wird durch einen Steuerberater oder Wirtschaftsprüfer durchgeführt und über eine digitale Schnittstelle direkt an die EDV der Bewilligungsstellen der Länder übermittelt. Erst dann kann die Bewilligung erfolgen.
Frist

Die Antragsfristen enden jeweils spätestens am 31.08.2020 und die Auszahlungsfristen am 30.11.2020.

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